Gottesdienst zur Einführung von Frau Behrend
als Leiterin des Kirchengemeindeamtes und
zur Verabschiedung von Martin Weiner als ihrem Vorgänger
am 21. Januar 2000 in der Lukas-Kirche
in Freiburg-St. Georgen

21.01.2000

Vorspiel der Orgel
Begrüßung
Abschied und Anfang - Kommen und Gehen gehören zum Leben. Ihre Verabschiedung, lieber HerrWeiner, und ihre Einführung, liebe Frau Behrend, sind uns allen, die wir gekommen sind,Grund genug, mit ihnen zusammen in diesem Gottesdienst und anschließend in einem kleinenEmpfang zu feiern; zu hören; zu sehen und zu singen:

EL EG 617,1-3+6: Kommt herbei, singt dem Herrn
L: Im Namen Gottes - uns freundlich zugewandt;Im Namen des Sohnes, dem wir Schwester und Bruder werden können;
und im Namen des guten Geistes Gottes, der die ganze Schöpfung heiligt.
G: Amen.
L: Der Herr sei mit euch!
G: Und mit deinem Geist!

Eingangsgebet
Menschenfreundlicher Gott, es ist gut, dass wir dir begegnen, wenn dieser Tag sich in denAbend neigt. Worte sind heute schon gefallen, die wir nicht mehr rückgängig machen können.Entscheidungen haben wir getroffen, deren Folgen wir noch nicht absehen können. Hoffnungenhaben wir aufgeben wollen, ohne die wir doch kaum noch vom Fleck kämen. Gedanken sind unsdurch den Kopf gegangen, die alles noch einmal in einem ganz neuen Licht erscheinenlassen. Lege offen, Gott, worauf es wirklich ankommt, lass den Silberstreif am Horizontsich verwandeln in das bewahrende Licht des Regenbogens, unter dem wir Raum finden, dirzu begegnen. Auch jetzt in diesem Gottesdienst. Amen.

Lesung: Lukas 12,48b.49.13,6-9
Christus spricht: Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen. Und wem vielanvertraut ist, von dem wird man um so mehr fordern. Ich bin gekommen, ein Feueranzuzünden. Was wollte ich lieber, als dass es schon brennte.

Er sagte ihnen aber dies Gleichnis: Es hatte einer einen Feigenbaum, der war gepflanztin einen Weinberg, und er kam und suchte Frucht darauf und fand keine. Da sprach er zudem Weingärtner. Siehe, ich bin nun drei Jahre lang gekommen. Und habe Frucht gesuchtan diesem Baum, und finde keine. So hau‚ ihn ab! Was nimmt er dem Boden die Kraft? Eraber antwortete und sprach zu ihm: Herr, lass ihn noch dieses Jahr, bis ich um ihn grabeund ihn dünge; vielleicht bringt er doch noch Frucht; wenn aber nicht, dann hau ihn ab.


LL 628,1-3: Ich lobe meinen Gott

Ansprache :

Liebe Gemeinde!
Der schweizer Dichterpfarrer Kurt Marti hat manchmal schon eine ganz schön spitze Zunge.So formuliert er in einem Text einmal die sechste Bitte des Vatersunsers einfach um undbetet: "Führ uns, o Herr, nicht in Verwaltung." Ein gutes Gebet, hör ich die einenmit klammheimlicher Zustimmung in ihrer Brust raunen. Und: Eine böse Bitte! die anderen.

Für uns, o Herr, nicht in Verwaltung. Da mögen Erfahrung mitschwingen, die Ärgerverursacht haben. Da gibt es ein beinahe kollektives Misstrauen gegenüber Behördenund Institutionen, von dem auch die Kirche mit ihren Einrichtugen nicht ausgenommenist. Und die gegenwärtige innenpolitischen Hauptmeldungen sind leider auch nicht dazuangetan, hier wirksam gegenzusteuern. Dennoch - das Grundmisstrauen ist viel älter alsaktuelle Entwicklungen - vermutlich so alt wie das Vorhandensein von Verwaltungenüberhaupt.

"Führ‚ uns, o Herr, nicht in Verwaltung!". Sie, liebe Frau Behrend, werdenheute in ein leitendes Verwaltungsamt eingeführt. Das Amt, aus der sie, lieber HerrWeiner heute verabschiedet werden. Nicht ohne Grund habe ich eben das Gleichnis vomFeigenbaum lesen lassen. Auf den ersten Blick sicher eine ungewöhnliche Textauswahl.Ich möchte unsere heute Situation auch in keiner Weise in dieses Gleichnis hineindeuten,etwa in dem Sinn, als sei der Weinbergbesitzer gleichzusetzen mit der Verwaltung derKirchengemeinde - mit Amtsleiterung und Vorsitzendem. Wachen Auges gehen sie durch denWeinberg der Kirchengemeinde, um zu sehen, welche unfruchtbaren Feigenbäume dennauszureißen wären - obwohl es manchmal auch an diesem Punkt vielleicht juckt.

Mich fasziniert viel mehr die Gestalt des Weingärtners. Der, der immer noch einmalAufschub gewährt. Der seine Barmherzigkeit bewahrt selbst da, wo die Früchte ausbleiben.Der um ein weiteres Jahr kämpft - voller Hoffnung, dass die gewährte Frist auch genutztwird.

Diese Haltung sollte Schule machen. Und eben auch in solchen Situation, in die auch dieVerwaltung einer Kirchengemeinde immer wieder kommt. Aber andere doch auch. Wachstummöglich machen und unterstützen. Ein waches Auge bewahren - aber nie ohne Zeichen derGüte und der Bereitschaft, auf ein neues den Weg miteinander zu gehen. Fürsprechend fürandere eintreten. Immer noch einmal mit einer ganz neuen Möglichkeit rechnen Allerdingsmit der klaren Absicht, dann auch einmal den Mut zum Schnitt zu haben. Die Zahl dergewährten Jahre wird keinem zur Unendlichkeit verlängert. Auch uns heute nicht.

Führ mich, o Herr, nicht in Verwaltung! Ich möchte diese Bitte variieren: Führ uns, oHerr, auch mittels einer gut funktiorenden, menschenfreundlichen und arbeitsförderlichenVerwaltung. Und darum ist es nicht nur gut, sondern geradezu auch unverzichtbar,anlässlich des Stabwechsels diesen Gottesdienst miteinander zu feiern.

Als meine Mitgift, mein Festgeschenk an sie beide, zugleich auch als Zeichen derVerbundenheit des Kirchenbezirk, will ich ihnen einen Spiegel vorhalten. Wie wirkt das,was sie, Frau Behrend und Herr Weiner tun und getan haben, von außen? Die Antwort dazuauf ganz besondere Weise:

- Pantomime -

Der Schlag an die Wurzel des Feigenbaums war‚s nicht, der mit einem Mal ganz anderePerspektiven ermöglicht hat. Eher eine Art Urknall. Eine dramatische Wende hin zumBesseren - vom Chaos zur Ordnung. Eine Übertragung des Schöpfungsgeschehens in dieWirklichkeit unserer Tage. Vom Chaos zur Ordnung - das ist weniger ein Programm zurMachtergreifung der Pedanterie. Eher eine Einladung, mit dem Wechsel zu etwas Neuemund auch etwas Besserem zu rechnen. Darauf zu vertrauen, dass keine Abend schon allerTage Abend ist. Schöpfung ist nicht nur im Großen - Schöpfung ist auch im Kleinenmöglich. Jeden Tag. Jede Stunde. Auch eine Verwaltung, auch ein Kirchengemeindeamtist in hohem Maße abhängig von der Phantasie derer, die dort arbeiten.

Vertrauen - auch Vertrauensvorschuss lohnt sich allemal. Wenn der Urknall ersteinmal geschafft ist, geht manches sogar von selbst. Oder mit der vertrauensvollenBitte: Führ uns, o Herr, wo immer wir an deinem Reich mit bauen. In deinerKirche und wo immer dein Licht sich Raum schafft in dieser Welt. Amen.


(mit integrierter Pantomime)
PL 268,1-5: Strahlen brechen viele
Verabschiedung und Einführung
Bevor nun Frau Behrend in ihr neues Amt eingeführt werden soll, möchte ich mich zunächsterst einmal an sie wenden, lieber Herr Weiner. Gottesdienstlich sind sie einst eingeführtworden. Darum soll auch ein gottesdienstliches Wort des Abschieds erfolgen. Auf der Suchenach einem biblischen Wort für diese Situation bin ich nur sehr schwer fündig geworden.Den "Verlorenen Sohn" kann ich nicht anführen, der hatte sich ja zunächst einmal davongemacht, um als Schweinehirte zu enden. Dieses Los wird ihnen wohl kaum drohen. Und vonder Kirche an sich haben sie sich ja nicht abgewendet, nur von einer hauptamtlichenAufgabe.

Der ungetreue Haushalter und der Schalksknecht taugen auch nicht. Sie würden das, wasihnen gelungen ist, eher ins Gegenteil verkehren. Eher böte sich noch die Witwe an, diebeim Richter Recht erhält, indem sie weiterbohrt und nicht locker lässt. Nicht zuletztauch gegenüber dem Evangelischen Oberkirchenrat sind sie immer wieder derjenige gewesen,der nicht locker gelassen hat. Und dem der Erfolg immer wieder recht gegeben hat.

Natürlich soll auch an dieser Stelle der Dank nicht fehlen. Nicht als Pflichtübung,sondern einem großen Bedürfnis entsprungen. Ich speche nicht nur vom Dank von Institutionzu Institution. Vom Kirchenbezirk zur Kirchengemeinde. Wir haben auf dieser Ebeneallerdings einen Weg zur Zusammenarbeit eingeleitet, über den ich ausgesprochen frohwar und bin. Wir haben aber auch - im Triumphirat erweitert durch den Vorsitzendendes Kirchengemeinderates, Herrn Prof. Gehrke, in sehr offener Weise Fragen miteinanderbesprechen und Entwicklungen in Gang setzen können. Für dieses vertrauensvolleMiteinander, das sich mit Frau Behrend nahtlos fortsetzen wird, bin ich ihnenaußerordentlich dankbar.

Fast wäre ich geneigt, es nun anstelle eines biblischen Votums mit dem kleinen Prinzenzu versuchen und dem berühmten Wort: "Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was dudir vertraut gemacht hast." Auf diese Weise würde klar, dass wir weiter mit ihnenrechnen. Das neue Jahrtausend soll ja das Jahrtausend der Ehrenamtlichen werden.Und kompetente Ehrenamtliche, in finanziellen Fragen zudem, werden hoch geschätzt.Und ich darf sie nur warnen: Wir sind noch lange nicht fertig miteinander.

So bleibt mir an dieser Stelle nur der Zuspruch Gottes an Josua, von dem wir aberalle immer wieder guten Mut und Zuspruch gewinnen können: "Sei guten Mutes undohne Furcht: Denn ich, der Herr, dein Gott, bin mit dir, wohin du auch gehst."(Josua 1,9) Mit dieser Zuversicht werden auch ihre neuen Wege von Gott behütetsein. Amen.
Lesung
Wir hören nun Worte der Bibel, die hilfreich sind für den Dienst in der Verwaltungder Kirche:

Lesung 1: 1Kor 12,4-7
Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist.
Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr.
Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen.


Lesung 2: 1Kor 4,1+2; 1Kor 3,9-11
Dafür halte uns jedermann: für Dienerinnen und Diener Christi und Haushalter überGottes Geheimnisse. Nun fordert man nicht mehr von den Haushaltern, als dass sie fürtreu befunden werden. Denn wir sind Gottes Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ihr aberseid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau. Ich, Paulus, habe nach Gottes Gnade, die mirgegeben ist, den Grund gelegt als ein weiser Baumeister. Ein anderer baut darauf.Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut. Einen anderen Grund kann niemand legenals den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.


Liebe Frau Behrend, Gott traut uns viel zu. Und Gott mutet uns viel zu.Zumutung und Zutrauen gehören eng zusammen. Wir können Aufgaben übernehmen, die unsmanchmal fast zu groß scheinen, weil wir von Gott Beschenkte und Begabte sind. Mitdiesen Gaben sollen wir dann aber auch wuchern. Sie einbringen und weiterentwickeln,anstatt sie zu vergraben und verkümmern zu lassen. Dazu will dieser Gottesdienstihnen Mut machen. Sie sind gerufen und eingeladen, sich einzulassen auf eine großeschöne und zugleich auch anspruchsvolle Aufgabe.

Ich möchte Sie darum nun hier vor dieser Gemeinde aus Mitarbeitenden dieserKirchengemeinde, Hauptamtliche und Ehrenamtliche fragen:

Frage zur Einführung
Sind Sie bereit, als Amtsleiterin des Kirchengemeindeamtes der evangelischenKirchengemeinde Freiburg den Dienst der Verwaltungsleitung zu übernehmen - inpartnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiternim Amt und in den Pfarreien; in Achtung des Rahmens, in dem die Kirche diesen Dienstbeschrieben hat; vor allem aber im Vertrauen auf Gottes Mütterliche und väterlicheZuwendung, die uns alle gemeinsam trägt, so antworten sie:
Ja, Gott helfe mir.
A: Ja, Gott helfe mir!
Gott stärke sie bei der Aufgabe, die sie übernommen haben. Darum wollen wir ihn jetztauch im Gebet bitten:

Fürbitte
Menschenfreundlicher Gott, zu den Aufgaben der Kirche gehört die Verantwortung fürunterschiedliche Aufgaben. Dafür, dass dein Wort die Menschen erreicht, müssenVoraussetzungen geschaffen werden. Wir bitten dich heute für Frau Behrend, diebereit ist, zusammen mit anderen für die Verwaltung dieser KirchengemeindeFreiburg zu arbeiten. Dankbar für diese Aufgabe, die viele von uns entlastet,bitten wir dich: Stehe Frau Behrend bei in dem, was sie gemeinsam mit anderenzu entscheiden zugunsten der evangelischen Kirchengemeinde in Freiburg. Stärkeunser Vertrauen, dass durch das, was wir arbeiten, dein Segen hindurchscheint. Amen.

Worum wir Gott gebeten haben, das soll ihnen jetzt auch zugesprochen werden:
Segnung (Schächtele, Gehrke)
Gott schenke dir Einsicht und Aussicht, Geduld und Gelingen in allen Aufgaben, mitdenen er dich betraut hat. Es segne und behüte dich Gott, der menschenfreundlich,uns Zugewandte, Vater, Sohn und heiliger Geist. Amen.

Wort an die Mitarbeitenden
Wir alle hier versammelten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit Frau Behrendzusammenarbeiten, wir sind eingeladen, dies zu tun im Geist des Vertrauens und derBereitschaft zur Zusammenarbeit. Das Amt der Verwaltung gehört zu den am meistengescholtenen Aufgaben und zugleich aber auch zu den schwersten. Nur im Miteinander,nicht im Gegeneinander können wir die großen Aufgaben bewältigen, die vor uns liegen.Wir sollten uns gegenseitig achten und unterstützen - im Wissen, dass unser Tun amehesten zum Ziel führt, wenn wir Gutes voneinander denken, offen miteinander redenund gemeinsam miteinader handeln. Dazu will ich sie alle ermutigen im Geist des Liedes,das wir jetzt miteinander singen:
-
EL EG 1+5+9: Ich weiß, mein Gott
Fürbitten
Wo wir uns von dir rufen lassen, ist Kirche. Darum bitten wir dich, Gott, heuteinsbesondere für deine Kirche hier in Freiburg. Und für alle, die hier als Christinund Christ zu leben versuchen: in den vertrauten Formen oder auf der Suche nach neuenWegen. Evangelisch oder katholisch, orthodox oder welchen Bekenntnisses auch immer.Eine Gemeinschaft von Frauen und Männern. Von Jungen und Alten. Unserer Formen undunsere Vielfalt, Kirche zu sein, bringen wir vor dich mit der Bitte, deinen Segen nichtzu sparen und nicht zurückzuhalten. Wir wollen glaubwürdige und fröhlich Zeugen deinerGuten Nachricht für uns Menschen sein.

Um das, was wir dazu brauchen, bitten wir dich mit den sieben Bitten des Gebetes Jesu,indem wir gemeinsam sprechen:

Vater unser
SL EG 581,1-3. Segne uns, o Herr
- immer eine Strophe singen; dann folgt jeweils die gesprochene Segensbitte -
1. Zusage: Der Herr segnet euch und behütet euch!
2. Zusage: Der Herr lässt sein Angesicht leuchten über euch
und ist euch gnädig.
3. Zusage. Der Herr hält sein Angesicht über euch
und schenkt euch seinen Frieden!
Gemeinde: Amen. Amen. Amen.
Nachspiel der Orgel
Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.