ANSPRACHE ANLÄSSLICH DER PFARRWAHL IN TIENGEN
AM MITTWOCH, DEN 9. NOVEMBER 2005
09.11.2005
Liebe Gemeinde!
Es ist noch keine zwei Monate her, da haben wir alle die Wahl gehabt. Im September wurde ein neuer Bundestag gewählt. Die Folgen dieser Wahl haben wir noch lange nicht verdaut. Schließlich haben die Wahlen ein Ergebnis hervorgebracht, das niemand so erwartet hatte. Das führen uns die Nachrichten tagtäglich vor Augen.
Längst nicht alle mit dieser Wahl verbundenen Hoffnungen haben sich erfüllt. Gerade das macht die gegenwärtigen Verhandlungen so schwierig. Irgendwie sind Wahlen immer mit Hoffnungen verbunden. Insbesondere mit der Hoffnung, es möge manches anders und vor allem vieles besser werden.
Pfarrwahlen unterscheiden sich von den eben genannten Wahlbeispielen aus dem Bereich der kleinen und der großen Politik. Ein Wahlkampf mit großen Versprechungen geht ihnen nicht voraus. Und für die Zahl der Kandidatinnen oder Kandidaten reicht allemal eine Hand. Heute Abend genügen dafür sogar zwei Finger. Ist das also gar keine richtige Wahl? Auf diese Frage kann ich nur unüberhörbar und entschieden mit einem entschiedenen „Doch“ antworten!
Pfarrwahlen sind – unabhängig von der Zahl der Bewerberinnen oder der Bewerber – eine wichtige Entscheidungen im Leben einer Gemeinde. Zum einen, weil Sie überhaupt wählen können. Schließlich hat gar nicht so weit von hier eine andere Gemeinde bei zwei Ausschreibungen vergeblich auf einen Bewerber oder eine Bewerberin gewartet.
Nun haben sich zwei gestandene Pfarrer bei ihnen beworben. Beide haben sich auch in einem Gottesdienst mit anschließender Gemeindeversammlung vorgestellt. Heute soll einer von den beiden nun zum neuen Pfarrer gewählt werden. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Längst nicht in allen Kirchen der weltweiten Ökumene gibt es eine derart demokratisch legitimierte Wahlkultur, wenn es um die Besetzung einer Pfarrstelle geht. Ihr neuer Pfarrer wird ihnen nicht einfach vom Oberkirchenrat in Karlsruhe zugewiesen. Sie – die Kirchengemeinderäte - können entscheiden: diesen oder jenen. Ja oder nein. Das Wahlrecht ist das Königsrecht eines Kirchengemeinderates.
Ein Pfarrwahl ist aber auch noch aus anderen Gründen wichtig. Sie ist immer auch so etwa wie eine grundsätzliche Richtungsentscheidung. Sie entscheiden mit der Wahl eines Pfarrers oder einer Pfarrerin immer über mehr als nur eine Person. Schon im Vorfeld einer Wahl haben sie sich als Kirchengemeinderat längst ausgiebig Gedanken gemacht Sie haben sich der Frage gestellt: Was ist für uns in dieser Gemeinde wichtig? Was soll der Schwerpunkt unserer Arbeit sein in den nächsten Jahren? Was wollen oder was müssen wir aufgeben oder anders gestalten? Was ist jetzt endgültig dran?
Sie mussten sich weiter auch fragen: Wer passt zu uns? Zur Struktur einer volkskirchlichen Gemeinde, die vor großen Veränderungen steht. Sie haben sich weiter gefragt: Wer passt zu den Menschen, die in Tiengen und Munzingen leben? Zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern? Zu uns als Kirchengemeinderat?
Über ihre Ausschreibung haben Sie ihre Gedanken dann öffentlich gemacht. Wer alles diese Ausschreibung gelesen hat, das wissen sie nicht. Mancher Pfarrer, manche Pfarrerin wird sich mit der Frage beschäftigt haben: Will ich jetzt nicht doch einmal wechseln? Ist das Pfarramt hier an Rande des Tunibergs und doch zugleich am Rande der Großstadt Freiburg die richtige Stelle für mich?
An solchen Punkte kann man im Leben immer wieder geraten. Man wird geradezu aus der Bahn geworfen. Muss ich plötzlich neu orientieren. Muss Vergangenes loslassen. Muss den Mut für Neues aufbringen
Ich will ihnen noch einmal eine Geschichte erzählen, die sie alle schon einmal gehört haben. Aber ich will dieses Mal zusammen mit ihnen etwas genauer hinhören und hinschauen. Um diese Geschichte zu erzählen, will ich sie auf eine Reise mitnehmen. Sie mitnehmen zu einem Ort, drei Flugstunden östlich von hier. Und ich will sie zu einem Bummel einladen. Zu einem Bummel durch einen orientalischen Basar.
Schon am Eingang empfängt uns ein Gemisch unterschiedlichster Düfte. Gewürze sind dabei. Zimt. Nelken. Safran. Dazwischen der Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee und köstlicher Süßigkeiten. Nach Leder riecht es und nach verbranntem Petroleum. Das Tageslicht schwindet sehr schnell, und macht dem Licht vieler Lampen und Laternen Platz. Wir tauchen ein in das ununterbrochene Drängeln und Schieben vieler Menschen. Die Vielfalt der Gänge und der Läden ist verwirrend. Man kann leicht die Orientierung verlieren.. Aber keine Angst. Am Ende haben noch immer alle immer wieder irgendwie den Weg nach draußen gefunden.
Ein Händler mit bunt bestickten Kleidern versucht, mit uns ins Gespräch zu kommen. Fast wären wir handelseinig geworden, als wir es uns plötzlich anders überlegen. Weil unsere Augen fündig geworden sind. Und wir endlich gefunden haben, wonach es sich zu suchen lohnt. Da haben wir ihn entdeckt: Den Stand von Ibrahim, dem Schmuckhändler. Fast nichts gibt es, was er nicht hat: Reifen und Ringe, Ketten und Ohrgehänge. Edles Geschmeide aller Sorten. Aber nichts, was unser Innerstes berührt. Und was nicht nur unsere Augen, sondern auch unser Herz anspricht. Da endlich entdecken wir dieses buntbestickte Säckchen.
Kein Zweifel, worauf unsere Wahl fallen wird! Mit Hilfe eines kleinen Schemels holt Ibrahim das Säckchen ganz oben aus einem Regal. Vorsichtig öffnet er die Schlaufe, die den Beutel verschlossen hält. Wir werfen einen Blick hinein. Am Leuchten unserer Augen kann es jeder auch aus der Entfernung gut erkennen: Ja, das genau ist es, wonach wir sucht haben: Eine Perle, so leuchtend, so edel geschliffen, wie keine andere. Wahrhaftig eine gute Wahl! Doch dann kommt die Ernüchterung, als der Händler den Preis nennt. Nein, soviel können wir nicht bezahlen. Nie im Leben. Mit traurigen Augen gehen wir davon. Enttäuschung will sich breit machen.
Dann mit einem Mal der Weg zurück. Wir wechseln mit Ibrahim ein paar Worte. Dann legt Ibrahim den Beutel sorgsam beiseite. Für uns. Ibrahim strahlt. Er weiß, wir werden wiederkommen. Das Geschäft ist uns ist ihm am Ende doch noch geglückt. Er weiß, wer erst einmal eine Wahl getroffen hat, lässt sich nicht mehr von seinem Ziel abbringen.
Wir handeln schnell. Viel, ja sehr viel Wertvolles wird verkauft. Liebgewordenes zum Händler gebracht. Dann endlich reicht die Summe. Bald wird die Perle uns gehören. Es hat sich für Sie gelohnt, so vieles dranzugeben. Für dieses kleine Juwel, das wir jetzt unser Eigen nennen dürfen. Diese Wahl war eine Wahl besondere Wahl. Bei dieser Wahl ging’s um wahrhaft Entscheidendes.
Im Matthäus-Evangelium wird diese Geschichte in einem einzigen Satz erzählt. Wir haben ihn vorhin als Lesung gehört. Da heißt es:
Das Himmelreich gleicht einem Kaufmann, der gute Perlen suchte, und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.
Warum ich Ihnen gerade heute diese Geschichte erzähle? Einfach deshalb, weil diese kleine Geschichte zu dem passt, was wir heute vorhaben. Ganz ohne Zweifel stehen sie als Gemeinde vor einem Wendepunkt. Da heißt es Bilanz ziehen. Bewerten, was war. Die richtige Wahl treffen. Dann nach vorne schauen!
Auf der anderen Seite: Solche Wendepunkte sind wichtig. Sie klären vieles ab. Sie motivieren neu. Sie machen Mut, etwas in Angriff zu nehmen, was wir uns bisher vielleicht noch gar nicht zugetraut haben. Ja, manchmal bringen sie uns auch dazu, unser Leben auf eine ganz neue Grundlage zu stellen. Bis dahin, dass wir alles dran geben müssen, was wir haben. Weil wir nur so offen sind für Neues. Weil wir nur so die Perle unseres Lebens finden.
Die Welt in der wir leben, ist nichts anderes als ein großer Basar. Ein Markt, der uns ständig zum Wählen herausfordert. Wählen, auswählen müssen wir von früh bis spät. Von Geburt bis zum Tod. Was wir anziehen. Was wir essen. Was für eine Ausbildung, was für einen Beruf wir uns aussuchen. Was wir lernen wollen. Welche Menschen wir zu Freunden machen. Welche Lebensform wir wählen.
Es sind mancherlei Perlen, für die wir uns entscheiden müssen. Ja, am Ende kommt es vor allem darauf an, dass wir die Perle unseres Lebens finden. Dass wir die rechte Wahl treffen, worauf wir unser Leben gründen. Dass wir die Wahl treffen, was für uns zählen soll im Leben. Und wofür wir alles drangeben würden. Wenn’s sein muss, auch unser eigenes Leben.
Seit Jahrhunderten ist der Glaube an Gott für unzählige Menschen eine solche Perle gewesen. Manchmal hat es den Anschein, das sei heute anders geworden. Aber ich glaube es nicht. Zu keiner Zeit hat es mehr Perlensucher und Perlensucherinnen gegeben als heute. Umso wichtiger ist es, dass wir sie bei dieser Suche nicht allein lassen.
Heute wird ein neuer Pfarrer gewählt. Der Pfarrer sind nicht der Perlenhändler. Er ist eher der Wahlhelfer bei der Perlensuche. Der, der durch den immer unübersichtlicher werdenden Lebensbasar führt. Der, den hilft, den Blick dahin zu lenken, wo die große Perle unseres Lebens zu finden ist.
Wie gesagt, der Pfarrer kann helfen, die Orientierung nicht zu verlieren. Die Wahl müssen wir selber treffen. Und wir müssen selber entscheiden, was wir uns diese Wahl kosten lassen. Wir feiern diesen heutigen Gottesdienst wenige Tage nach dem 31. Oktober. Dem Gedenktag der Reformation. Martin Luther ist das allgemeine Priestertum aller Getauften sehr wichtig gewesen. Wir dürfen, ja wir müssen uns selber auf die Perlensuche machen. Aber es gibt Menschen, die uns dabei behilflich sind.
Daher ist dieser heutige Wahlgottesdienst wichtig. Aber die eigentlich wichtige Wahl unseres Lebens haben wir alle für uns selber zu treffen. Doch wir dürfen uns sicher sein: Der, dem wir uns und unser Leben verdanken und der uns helfen will, dass unser Leben bewahrt bleibt und gelingt, der wird uns in unserem Wählen nicht allein lassen. Nicht bei der Pfarrwahl. Und erst recht nicht bei der Wahl der großen Perle unseres Lebens.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, lasse uns die rechte Wahl treffen und bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Es ist noch keine zwei Monate her, da haben wir alle die Wahl gehabt. Im September wurde ein neuer Bundestag gewählt. Die Folgen dieser Wahl haben wir noch lange nicht verdaut. Schließlich haben die Wahlen ein Ergebnis hervorgebracht, das niemand so erwartet hatte. Das führen uns die Nachrichten tagtäglich vor Augen.
Längst nicht alle mit dieser Wahl verbundenen Hoffnungen haben sich erfüllt. Gerade das macht die gegenwärtigen Verhandlungen so schwierig. Irgendwie sind Wahlen immer mit Hoffnungen verbunden. Insbesondere mit der Hoffnung, es möge manches anders und vor allem vieles besser werden.
Pfarrwahlen unterscheiden sich von den eben genannten Wahlbeispielen aus dem Bereich der kleinen und der großen Politik. Ein Wahlkampf mit großen Versprechungen geht ihnen nicht voraus. Und für die Zahl der Kandidatinnen oder Kandidaten reicht allemal eine Hand. Heute Abend genügen dafür sogar zwei Finger. Ist das also gar keine richtige Wahl? Auf diese Frage kann ich nur unüberhörbar und entschieden mit einem entschiedenen „Doch“ antworten!
Pfarrwahlen sind – unabhängig von der Zahl der Bewerberinnen oder der Bewerber – eine wichtige Entscheidungen im Leben einer Gemeinde. Zum einen, weil Sie überhaupt wählen können. Schließlich hat gar nicht so weit von hier eine andere Gemeinde bei zwei Ausschreibungen vergeblich auf einen Bewerber oder eine Bewerberin gewartet.
Nun haben sich zwei gestandene Pfarrer bei ihnen beworben. Beide haben sich auch in einem Gottesdienst mit anschließender Gemeindeversammlung vorgestellt. Heute soll einer von den beiden nun zum neuen Pfarrer gewählt werden. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Längst nicht in allen Kirchen der weltweiten Ökumene gibt es eine derart demokratisch legitimierte Wahlkultur, wenn es um die Besetzung einer Pfarrstelle geht. Ihr neuer Pfarrer wird ihnen nicht einfach vom Oberkirchenrat in Karlsruhe zugewiesen. Sie – die Kirchengemeinderäte - können entscheiden: diesen oder jenen. Ja oder nein. Das Wahlrecht ist das Königsrecht eines Kirchengemeinderates.
Ein Pfarrwahl ist aber auch noch aus anderen Gründen wichtig. Sie ist immer auch so etwa wie eine grundsätzliche Richtungsentscheidung. Sie entscheiden mit der Wahl eines Pfarrers oder einer Pfarrerin immer über mehr als nur eine Person. Schon im Vorfeld einer Wahl haben sie sich als Kirchengemeinderat längst ausgiebig Gedanken gemacht Sie haben sich der Frage gestellt: Was ist für uns in dieser Gemeinde wichtig? Was soll der Schwerpunkt unserer Arbeit sein in den nächsten Jahren? Was wollen oder was müssen wir aufgeben oder anders gestalten? Was ist jetzt endgültig dran?
Sie mussten sich weiter auch fragen: Wer passt zu uns? Zur Struktur einer volkskirchlichen Gemeinde, die vor großen Veränderungen steht. Sie haben sich weiter gefragt: Wer passt zu den Menschen, die in Tiengen und Munzingen leben? Zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern? Zu uns als Kirchengemeinderat?
Über ihre Ausschreibung haben Sie ihre Gedanken dann öffentlich gemacht. Wer alles diese Ausschreibung gelesen hat, das wissen sie nicht. Mancher Pfarrer, manche Pfarrerin wird sich mit der Frage beschäftigt haben: Will ich jetzt nicht doch einmal wechseln? Ist das Pfarramt hier an Rande des Tunibergs und doch zugleich am Rande der Großstadt Freiburg die richtige Stelle für mich?
An solchen Punkte kann man im Leben immer wieder geraten. Man wird geradezu aus der Bahn geworfen. Muss ich plötzlich neu orientieren. Muss Vergangenes loslassen. Muss den Mut für Neues aufbringen
Ich will ihnen noch einmal eine Geschichte erzählen, die sie alle schon einmal gehört haben. Aber ich will dieses Mal zusammen mit ihnen etwas genauer hinhören und hinschauen. Um diese Geschichte zu erzählen, will ich sie auf eine Reise mitnehmen. Sie mitnehmen zu einem Ort, drei Flugstunden östlich von hier. Und ich will sie zu einem Bummel einladen. Zu einem Bummel durch einen orientalischen Basar.
Schon am Eingang empfängt uns ein Gemisch unterschiedlichster Düfte. Gewürze sind dabei. Zimt. Nelken. Safran. Dazwischen der Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee und köstlicher Süßigkeiten. Nach Leder riecht es und nach verbranntem Petroleum. Das Tageslicht schwindet sehr schnell, und macht dem Licht vieler Lampen und Laternen Platz. Wir tauchen ein in das ununterbrochene Drängeln und Schieben vieler Menschen. Die Vielfalt der Gänge und der Läden ist verwirrend. Man kann leicht die Orientierung verlieren.. Aber keine Angst. Am Ende haben noch immer alle immer wieder irgendwie den Weg nach draußen gefunden.
Ein Händler mit bunt bestickten Kleidern versucht, mit uns ins Gespräch zu kommen. Fast wären wir handelseinig geworden, als wir es uns plötzlich anders überlegen. Weil unsere Augen fündig geworden sind. Und wir endlich gefunden haben, wonach es sich zu suchen lohnt. Da haben wir ihn entdeckt: Den Stand von Ibrahim, dem Schmuckhändler. Fast nichts gibt es, was er nicht hat: Reifen und Ringe, Ketten und Ohrgehänge. Edles Geschmeide aller Sorten. Aber nichts, was unser Innerstes berührt. Und was nicht nur unsere Augen, sondern auch unser Herz anspricht. Da endlich entdecken wir dieses buntbestickte Säckchen.
Kein Zweifel, worauf unsere Wahl fallen wird! Mit Hilfe eines kleinen Schemels holt Ibrahim das Säckchen ganz oben aus einem Regal. Vorsichtig öffnet er die Schlaufe, die den Beutel verschlossen hält. Wir werfen einen Blick hinein. Am Leuchten unserer Augen kann es jeder auch aus der Entfernung gut erkennen: Ja, das genau ist es, wonach wir sucht haben: Eine Perle, so leuchtend, so edel geschliffen, wie keine andere. Wahrhaftig eine gute Wahl! Doch dann kommt die Ernüchterung, als der Händler den Preis nennt. Nein, soviel können wir nicht bezahlen. Nie im Leben. Mit traurigen Augen gehen wir davon. Enttäuschung will sich breit machen.
Dann mit einem Mal der Weg zurück. Wir wechseln mit Ibrahim ein paar Worte. Dann legt Ibrahim den Beutel sorgsam beiseite. Für uns. Ibrahim strahlt. Er weiß, wir werden wiederkommen. Das Geschäft ist uns ist ihm am Ende doch noch geglückt. Er weiß, wer erst einmal eine Wahl getroffen hat, lässt sich nicht mehr von seinem Ziel abbringen.
Wir handeln schnell. Viel, ja sehr viel Wertvolles wird verkauft. Liebgewordenes zum Händler gebracht. Dann endlich reicht die Summe. Bald wird die Perle uns gehören. Es hat sich für Sie gelohnt, so vieles dranzugeben. Für dieses kleine Juwel, das wir jetzt unser Eigen nennen dürfen. Diese Wahl war eine Wahl besondere Wahl. Bei dieser Wahl ging’s um wahrhaft Entscheidendes.
Im Matthäus-Evangelium wird diese Geschichte in einem einzigen Satz erzählt. Wir haben ihn vorhin als Lesung gehört. Da heißt es:
Das Himmelreich gleicht einem Kaufmann, der gute Perlen suchte, und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.
Warum ich Ihnen gerade heute diese Geschichte erzähle? Einfach deshalb, weil diese kleine Geschichte zu dem passt, was wir heute vorhaben. Ganz ohne Zweifel stehen sie als Gemeinde vor einem Wendepunkt. Da heißt es Bilanz ziehen. Bewerten, was war. Die richtige Wahl treffen. Dann nach vorne schauen!
Auf der anderen Seite: Solche Wendepunkte sind wichtig. Sie klären vieles ab. Sie motivieren neu. Sie machen Mut, etwas in Angriff zu nehmen, was wir uns bisher vielleicht noch gar nicht zugetraut haben. Ja, manchmal bringen sie uns auch dazu, unser Leben auf eine ganz neue Grundlage zu stellen. Bis dahin, dass wir alles dran geben müssen, was wir haben. Weil wir nur so offen sind für Neues. Weil wir nur so die Perle unseres Lebens finden.
Die Welt in der wir leben, ist nichts anderes als ein großer Basar. Ein Markt, der uns ständig zum Wählen herausfordert. Wählen, auswählen müssen wir von früh bis spät. Von Geburt bis zum Tod. Was wir anziehen. Was wir essen. Was für eine Ausbildung, was für einen Beruf wir uns aussuchen. Was wir lernen wollen. Welche Menschen wir zu Freunden machen. Welche Lebensform wir wählen.
Es sind mancherlei Perlen, für die wir uns entscheiden müssen. Ja, am Ende kommt es vor allem darauf an, dass wir die Perle unseres Lebens finden. Dass wir die rechte Wahl treffen, worauf wir unser Leben gründen. Dass wir die Wahl treffen, was für uns zählen soll im Leben. Und wofür wir alles drangeben würden. Wenn’s sein muss, auch unser eigenes Leben.
Seit Jahrhunderten ist der Glaube an Gott für unzählige Menschen eine solche Perle gewesen. Manchmal hat es den Anschein, das sei heute anders geworden. Aber ich glaube es nicht. Zu keiner Zeit hat es mehr Perlensucher und Perlensucherinnen gegeben als heute. Umso wichtiger ist es, dass wir sie bei dieser Suche nicht allein lassen.
Heute wird ein neuer Pfarrer gewählt. Der Pfarrer sind nicht der Perlenhändler. Er ist eher der Wahlhelfer bei der Perlensuche. Der, der durch den immer unübersichtlicher werdenden Lebensbasar führt. Der, den hilft, den Blick dahin zu lenken, wo die große Perle unseres Lebens zu finden ist.
Wie gesagt, der Pfarrer kann helfen, die Orientierung nicht zu verlieren. Die Wahl müssen wir selber treffen. Und wir müssen selber entscheiden, was wir uns diese Wahl kosten lassen. Wir feiern diesen heutigen Gottesdienst wenige Tage nach dem 31. Oktober. Dem Gedenktag der Reformation. Martin Luther ist das allgemeine Priestertum aller Getauften sehr wichtig gewesen. Wir dürfen, ja wir müssen uns selber auf die Perlensuche machen. Aber es gibt Menschen, die uns dabei behilflich sind.
Daher ist dieser heutige Wahlgottesdienst wichtig. Aber die eigentlich wichtige Wahl unseres Lebens haben wir alle für uns selber zu treffen. Doch wir dürfen uns sicher sein: Der, dem wir uns und unser Leben verdanken und der uns helfen will, dass unser Leben bewahrt bleibt und gelingt, der wird uns in unserem Wählen nicht allein lassen. Nicht bei der Pfarrwahl. Und erst recht nicht bei der Wahl der großen Perle unseres Lebens.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, lasse uns die rechte Wahl treffen und bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.