„DEN WOHLKLANG GOTTES
HÖRBAR MACHEN IN DER WELT“
PREDIGT ÜBER JAKOBUS 2,1-13
IM GOTTESDIENST DER LUKAS-GEMEINDE FREIBURG
- MIT EINWEIHUNG DER NEUEN HEINTZ-ORGEL -
AM SONNTAG, DEN 15. OKTOBER 2006 (18.S.N.TR.)
15.10.2006
Nun haben Sie’s also mit eigenen Ohren gehört, liebe Gemeinde! Die neue Orgel hat nicht nur ihren Platz gefunden auf der Empore hinter ihrem Rücken. Sie war nun endgültig auch vernehmbar. Hat ihnen einen ersten überwältigenden Höreindruck vermittelt. Hat zum ersten Mal zu einem Lied gespielt. Zu einem Loblied zuallererst. Wie hätte es ein anderes Lied sein können. Denn Grund zum Loben und zum Danken haben sie doch allemal an seinem solchen Tag.
Viele haben dazu beigetragen, dass aus der Idee einer neuen Orgel am Ende diese neue Orgel werden konnte. Durch großen zeitlichen Einsatz. Durch originelle Aktionen. Mancher Orgeltropfen st durch hiesige Kehlen geflossen und hat geholfen, die Kasse anzufüllen. Manches Glas Orgellade hat in wohltätiger Absicht auf zahlreichen Frühstückstischen seinen wohltätigen Ort gefunden.
Wie hätte die Orgel anders Wirklichkeit werden können als durch unzählige Spenderinnen und Spender. Die Sponsoren, so scheint es manchmal, sind die wahren Wohltäter der modernen Gesellschaft. Hier bei ihrer Orgel. Aber auch anderswo. In zahlreichen Kunsthallen und Museen. In Stiftungen und vielfältigen Initiativen für die Gemeinschaft. Selbst manche Brunnen in Freiburg sprudeln nur noch, weil wohlhabende Bürger und engagierte Vereine dies durch ihr finanzielles Engagement ermöglichen. Ohne unzählige Sponsorinnen und Sponsoren geht heutzutage kaum noch etwas in Sachen gute Taten für das Gemeinwohl.
Wichtig ist: Sponsoren müssen gehegt und gepflegt werden. Durch Dankesbriefe und durch Dankesworte. Durch Einladungen und Feste. Durch die rechte Behandlung und die rechte Ehrung, wenn sie denn persönlich erscheinen. So bittet man sie nach vorne, gar auf eigens reservierte Plätze. Schließlich hofft man, dass die Quelle an ihrer Sprudelkraft nichts einbüsst und munter weiter in Euro und Cent vor sich hin plätschert.
Die Sponsoren muss man nach vorne bitten. Eine einfache Erkenntnis aus dem Handbuch für die erfolgreiche Durchführung von Projekten aller Art. An der Finanzierung ihrer Orgel haben sie dazu viel lernen können.
Und dann bekommen wir ausgerechnet für diesen Tag einen Predigttext, der all dies einfach auf den Kopf stellt. Ich habe aber keinen Grund gesehen, dem vorgegebenen Predigttext einfach auszuweichen. Ich habe ihn viel eher als Herausforderung begriffen. Und wenn wir uns von ihm wirklich herausfordern lassen, werden wir merken, dass es für heute genau der richtige Text ist.
Ich lese also aus dem zweiten Kapitel des Jakobusbriefes:
Wenn in eure Versammlung ein Mann käme mit wertvollem Schmuck und in herrlicher Kleidung, es käme aber auch ein Armer in heruntergekommener Kleidung, 3und ihr sähet auf den, der teuer und aufwändig gekleidet ist, und ihr sprächet zu ihm: Setze du dich ganz vorne hin auf den guten Platz! und sprächet zu dem Armen: Stell du dich dort hinten hin! oder: Setze dich unten auf den Boden!, 4ist's recht, dass ihr solche Unterschiede bei euch macht und urteilt mit bösen Gedanken?
5Hört zu, meine Lieben! Hat nicht Gott erwählt die Armen in der Welt, die im Glauben reich sind und Erben des Reichs, das er verheißen hat denen, die ihn lieb haben? 6Ihr aber habt dem Armen Unehre angetan. Sind es nicht die Reichen, die Gewalt gegen euch üben und euch vor Gericht ziehen? 7Verlästern sie nicht den guten Namen, der über euch genannt ist? 8Wenn ihr das königliche Gesetz erfüllt nach der Schrift: »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, so tut ihr recht. 9Wenn ihr aber die Person anseht, tut ihr Sünde und werdet vom Gesetz als Übertreter überführt. 13Denn es wird ein unbarmherziges Gericht über diejenigen ergehen, der nicht Barmherzigkeit getan haben; Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht. Darum, 1liebe Schwestern und Brüder, haltet den Glauben an Jesus Christus, unsern Herrn der Herrlichkeit, frei von allem Ansehen der Person.
Nur das Gesetz Gottes ist also stärker als das Gesetz des Geldes, liebe Gemeinde. Nur wo Gott allein das Sagen hat, haben Besitz und Einkommen ausgedient, um den Wert eines Menschen zu bestimmen. Anders kann man diese Worte des Jakobus nicht verstehen. Ansonsten – ja ansonsten verhält es sich so, wie es unter uns eben auch üblich ist. Ansonsten geht es eben überall nur um den Platz in der ersten Reihe. Und in aller Regel gehört neben anderem nicht zuletzt Einkommen und Einfluss, Vermögen und Macht dazu, um sich einen dieser begehrten Plätze zu sichern.
Doch so soll es unter uns nicht sein! –anders ist der Einspruch des Jakobusbriefes gegen die Praxis der Ehrerbietung gegenüber den Reichen und Wohlhabenden nicht zu verstehen. Orgel ade, liebe Gemeinde! Hätten sie mit dem Geld nicht lieber Projekte gegen Armut und Unrecht unterstützen sollen?
Auch Jesus wurde einmal mit diesem Vorwurf konfrontiert. Damals, als eine uns unbekannte Frau wertvolles Öl über ihn gießt. „Was für eine Verschwendung!“, sagen die Jünger. „Wieviel Gutes hätte man damit tun können!“ Und Jesus antwortet. „Arme habt ihr immer unter euch! Aber sie hat jetzt das Rechte getan! Darum wird man noch lange davon erzählen, was diese Frau getan hat.“
So ähnlich verhält es sich auch mit dieser wunderschönen Orgel. Das Problem der Armut wird uns noch lange erhalten bleiben. Aber es ist gut, wenn jetzt schon himmlische Klänge an unser Ohr dringen. Wenn eine Ahnung davon ins uns wach gehalten wird, dass Gott in den Disharmonien dieser Welt die Harmonie seiner Zukunft anklingen lässt.
Orgeln können wir uns nur dann leisten, wenn ihre Töne die Gute Nachricht hörbar machen, dass Gott es gut meint mit uns und dieser Welt. Wenn wir ihre Töne erklingen lassen für eine gerechtere und bessere Welt und gegen alle zerstörerischen Kräfte, mit denen wir tagtäglich einander zusetzen.
Jakobus – der Schreiber unseres Predigttextes – sieht im Streben nach Besitz eine der großen Wurzeln allen Übels. „Sind es nicht die Reichen, die Gewalt gegen euch üben und euch vor Gericht ziehen?“, fragt er. Jakobus spürt, dass nichts so gemeinschaftszersetzend ist; dass nichts so sehr diese Welt in Aufruhr bringt wie die Sehnsucht nach Macht und nach Besitz.
Die wahren Grenzen dieser Welt werden nicht entlang der Staaten markiert. Nicht entlang der Hautfarbe und nicht entlang des Geschlechts und der Religion. Die wahre Grenze ist die zwischen arm und reich. Zwischen denen, die zu wenig zum Leben haben und denen, die - bewusst oder unbewusst, wissentlich oder unwissentlich – auf Kosten der anderen leben.
So soll es nicht sein unter Menschen, die wissen, dass alles, was sie haben, sofern sie es denn rechtmäßig haben, Gabe und Geschenk Gottes ist. Nicht gegen die Armut an sich wendet sich Jakobus also in erster Linie. Er wendet sich vielmehr dagegen, dass wir die Gesetzmäßigkeiten der Welt auch in der Kirche nicht außer Kraft setzen. Dass oben und unten, vorne und hinten, dass arm und reich auch hier die bestimmenden Kriterien sind. Wenn die Kirche auch nur in Ansätzen ein Abbild dessen sein will, was Gott mit unserer Welt im Sinn hat, dürfen sich Kirche und Welt in dieser Hinsicht nicht gleichen.
Das ist viel – das ist noch zuviel verlangt. Wir sind Kirche auf dem Weg. Und nicht Kirche am Ziel. Und wir können Kirche heutzutage nicht gestalten außerhalb der Gesetze, die sich am Ende auch in Euro und Cent ausdrücken. Kein Kirchengebäude und kein Kindergarten, keine kein Hilfsverein und keine Diakonie. Kein Pfarrehepaar und keine Orgel, wollten wir aus diesen Gesetzmäßigkeiten einfach aussteigen.
So haben wir teil an einem System, das der wahren Gerechtigkeit nicht selten im Wege steht - und das dennoch hilft, manch große Ungerechtigkeit, vor Ort und weltweit zu bekämpfen. So leisten wir uns Kirchen und Orgeln in der Hoffnung, dass ihr Wohlklang durch geöffnete Türen nach draußen klingt und hilft, dieser Welt ein menschlicheres Gesicht zu geben. Gottes Wohlklang hörbar zu machen in der Welt, das ist ihnen mit dieser Orgel als Aufgabe ans Herz gelegt und aufgetragen.
Mögen wir im Reich Gottes irgendwann keine Kirchen und keine Orgeln mehr brauchen. Jetzt helfen beide, die Sehnsucht nach dieser so ganz anderen Welt in uns wach zu halten. Und ihre Schönheit lässt uns jetzt schon ahnen, dass Gott am Ende diese Welt aufgehen lässt in Schönheit und Gerechtigkeit. In Wahrhaftigkeit und Liebe.
Und darum kann schon heute eine wirksame Gegenbewegung in Gang kommen; eine Bewegung, die sich speist aus den Tönen unserer Hoffnungen und aus den Klängen der Lieder einer besseren Zukunft bei Gott. „Eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr“, sagt Jesus einmal, „als dass einer in den Himmel kommt, der seinem Reichtum mehr vertraut als den Möglichkeiten Gottes.“ „Wer kann dann in den Himmel kommen?“ fragen die Jünger. Sie ahnen, dass der Himmel leer und Gott unter sich bliebe, wenn wir dieses Kriterium ernstlich zum Maßstab machen wollten. Tröstlich, was Jesus dann antwortet: „Was unmöglich ist bei den Menschen, ist noch lange nicht unmöglich bei Gott!“
Und darum wird mit jedem Ton dieser Orgel Gottes Einspruch hörbar gegen eine Kirche, die nicht anders sein will, als die Welt um sie herum. Und es kommt zugleich in vielfachen Tönen Gottes Zuspruch zum Klingen, der uns den Horizont weit macht und uns leben lässt, wo wir ansonsten längst am Ende wären.
Was unmöglich ist bei den Menschen, ist noch lange nicht unmöglich bei Gott! Und bei denen, die Gott mehr vertrauen als allem anderen in der Welt. Damit wir dem kleinen Wunder, das diese Orgel möglich gemacht hat, noch viele große Wunder folgen sehen. Ehe auch diese Orgel verstummt, weil Gottes Wohlklang selber diese Erde erfüllt. Ganz und für immer. Amen.
Viele haben dazu beigetragen, dass aus der Idee einer neuen Orgel am Ende diese neue Orgel werden konnte. Durch großen zeitlichen Einsatz. Durch originelle Aktionen. Mancher Orgeltropfen st durch hiesige Kehlen geflossen und hat geholfen, die Kasse anzufüllen. Manches Glas Orgellade hat in wohltätiger Absicht auf zahlreichen Frühstückstischen seinen wohltätigen Ort gefunden.
Wie hätte die Orgel anders Wirklichkeit werden können als durch unzählige Spenderinnen und Spender. Die Sponsoren, so scheint es manchmal, sind die wahren Wohltäter der modernen Gesellschaft. Hier bei ihrer Orgel. Aber auch anderswo. In zahlreichen Kunsthallen und Museen. In Stiftungen und vielfältigen Initiativen für die Gemeinschaft. Selbst manche Brunnen in Freiburg sprudeln nur noch, weil wohlhabende Bürger und engagierte Vereine dies durch ihr finanzielles Engagement ermöglichen. Ohne unzählige Sponsorinnen und Sponsoren geht heutzutage kaum noch etwas in Sachen gute Taten für das Gemeinwohl.
Wichtig ist: Sponsoren müssen gehegt und gepflegt werden. Durch Dankesbriefe und durch Dankesworte. Durch Einladungen und Feste. Durch die rechte Behandlung und die rechte Ehrung, wenn sie denn persönlich erscheinen. So bittet man sie nach vorne, gar auf eigens reservierte Plätze. Schließlich hofft man, dass die Quelle an ihrer Sprudelkraft nichts einbüsst und munter weiter in Euro und Cent vor sich hin plätschert.
Die Sponsoren muss man nach vorne bitten. Eine einfache Erkenntnis aus dem Handbuch für die erfolgreiche Durchführung von Projekten aller Art. An der Finanzierung ihrer Orgel haben sie dazu viel lernen können.
Und dann bekommen wir ausgerechnet für diesen Tag einen Predigttext, der all dies einfach auf den Kopf stellt. Ich habe aber keinen Grund gesehen, dem vorgegebenen Predigttext einfach auszuweichen. Ich habe ihn viel eher als Herausforderung begriffen. Und wenn wir uns von ihm wirklich herausfordern lassen, werden wir merken, dass es für heute genau der richtige Text ist.
Ich lese also aus dem zweiten Kapitel des Jakobusbriefes:
Wenn in eure Versammlung ein Mann käme mit wertvollem Schmuck und in herrlicher Kleidung, es käme aber auch ein Armer in heruntergekommener Kleidung, 3und ihr sähet auf den, der teuer und aufwändig gekleidet ist, und ihr sprächet zu ihm: Setze du dich ganz vorne hin auf den guten Platz! und sprächet zu dem Armen: Stell du dich dort hinten hin! oder: Setze dich unten auf den Boden!, 4ist's recht, dass ihr solche Unterschiede bei euch macht und urteilt mit bösen Gedanken?
5Hört zu, meine Lieben! Hat nicht Gott erwählt die Armen in der Welt, die im Glauben reich sind und Erben des Reichs, das er verheißen hat denen, die ihn lieb haben? 6Ihr aber habt dem Armen Unehre angetan. Sind es nicht die Reichen, die Gewalt gegen euch üben und euch vor Gericht ziehen? 7Verlästern sie nicht den guten Namen, der über euch genannt ist? 8Wenn ihr das königliche Gesetz erfüllt nach der Schrift: »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, so tut ihr recht. 9Wenn ihr aber die Person anseht, tut ihr Sünde und werdet vom Gesetz als Übertreter überführt. 13Denn es wird ein unbarmherziges Gericht über diejenigen ergehen, der nicht Barmherzigkeit getan haben; Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht. Darum, 1liebe Schwestern und Brüder, haltet den Glauben an Jesus Christus, unsern Herrn der Herrlichkeit, frei von allem Ansehen der Person.
Nur das Gesetz Gottes ist also stärker als das Gesetz des Geldes, liebe Gemeinde. Nur wo Gott allein das Sagen hat, haben Besitz und Einkommen ausgedient, um den Wert eines Menschen zu bestimmen. Anders kann man diese Worte des Jakobus nicht verstehen. Ansonsten – ja ansonsten verhält es sich so, wie es unter uns eben auch üblich ist. Ansonsten geht es eben überall nur um den Platz in der ersten Reihe. Und in aller Regel gehört neben anderem nicht zuletzt Einkommen und Einfluss, Vermögen und Macht dazu, um sich einen dieser begehrten Plätze zu sichern.
Doch so soll es unter uns nicht sein! –anders ist der Einspruch des Jakobusbriefes gegen die Praxis der Ehrerbietung gegenüber den Reichen und Wohlhabenden nicht zu verstehen. Orgel ade, liebe Gemeinde! Hätten sie mit dem Geld nicht lieber Projekte gegen Armut und Unrecht unterstützen sollen?
Auch Jesus wurde einmal mit diesem Vorwurf konfrontiert. Damals, als eine uns unbekannte Frau wertvolles Öl über ihn gießt. „Was für eine Verschwendung!“, sagen die Jünger. „Wieviel Gutes hätte man damit tun können!“ Und Jesus antwortet. „Arme habt ihr immer unter euch! Aber sie hat jetzt das Rechte getan! Darum wird man noch lange davon erzählen, was diese Frau getan hat.“
So ähnlich verhält es sich auch mit dieser wunderschönen Orgel. Das Problem der Armut wird uns noch lange erhalten bleiben. Aber es ist gut, wenn jetzt schon himmlische Klänge an unser Ohr dringen. Wenn eine Ahnung davon ins uns wach gehalten wird, dass Gott in den Disharmonien dieser Welt die Harmonie seiner Zukunft anklingen lässt.
Orgeln können wir uns nur dann leisten, wenn ihre Töne die Gute Nachricht hörbar machen, dass Gott es gut meint mit uns und dieser Welt. Wenn wir ihre Töne erklingen lassen für eine gerechtere und bessere Welt und gegen alle zerstörerischen Kräfte, mit denen wir tagtäglich einander zusetzen.
Jakobus – der Schreiber unseres Predigttextes – sieht im Streben nach Besitz eine der großen Wurzeln allen Übels. „Sind es nicht die Reichen, die Gewalt gegen euch üben und euch vor Gericht ziehen?“, fragt er. Jakobus spürt, dass nichts so gemeinschaftszersetzend ist; dass nichts so sehr diese Welt in Aufruhr bringt wie die Sehnsucht nach Macht und nach Besitz.
Die wahren Grenzen dieser Welt werden nicht entlang der Staaten markiert. Nicht entlang der Hautfarbe und nicht entlang des Geschlechts und der Religion. Die wahre Grenze ist die zwischen arm und reich. Zwischen denen, die zu wenig zum Leben haben und denen, die - bewusst oder unbewusst, wissentlich oder unwissentlich – auf Kosten der anderen leben.
So soll es nicht sein unter Menschen, die wissen, dass alles, was sie haben, sofern sie es denn rechtmäßig haben, Gabe und Geschenk Gottes ist. Nicht gegen die Armut an sich wendet sich Jakobus also in erster Linie. Er wendet sich vielmehr dagegen, dass wir die Gesetzmäßigkeiten der Welt auch in der Kirche nicht außer Kraft setzen. Dass oben und unten, vorne und hinten, dass arm und reich auch hier die bestimmenden Kriterien sind. Wenn die Kirche auch nur in Ansätzen ein Abbild dessen sein will, was Gott mit unserer Welt im Sinn hat, dürfen sich Kirche und Welt in dieser Hinsicht nicht gleichen.
Das ist viel – das ist noch zuviel verlangt. Wir sind Kirche auf dem Weg. Und nicht Kirche am Ziel. Und wir können Kirche heutzutage nicht gestalten außerhalb der Gesetze, die sich am Ende auch in Euro und Cent ausdrücken. Kein Kirchengebäude und kein Kindergarten, keine kein Hilfsverein und keine Diakonie. Kein Pfarrehepaar und keine Orgel, wollten wir aus diesen Gesetzmäßigkeiten einfach aussteigen.
So haben wir teil an einem System, das der wahren Gerechtigkeit nicht selten im Wege steht - und das dennoch hilft, manch große Ungerechtigkeit, vor Ort und weltweit zu bekämpfen. So leisten wir uns Kirchen und Orgeln in der Hoffnung, dass ihr Wohlklang durch geöffnete Türen nach draußen klingt und hilft, dieser Welt ein menschlicheres Gesicht zu geben. Gottes Wohlklang hörbar zu machen in der Welt, das ist ihnen mit dieser Orgel als Aufgabe ans Herz gelegt und aufgetragen.
Mögen wir im Reich Gottes irgendwann keine Kirchen und keine Orgeln mehr brauchen. Jetzt helfen beide, die Sehnsucht nach dieser so ganz anderen Welt in uns wach zu halten. Und ihre Schönheit lässt uns jetzt schon ahnen, dass Gott am Ende diese Welt aufgehen lässt in Schönheit und Gerechtigkeit. In Wahrhaftigkeit und Liebe.
Und darum kann schon heute eine wirksame Gegenbewegung in Gang kommen; eine Bewegung, die sich speist aus den Tönen unserer Hoffnungen und aus den Klängen der Lieder einer besseren Zukunft bei Gott. „Eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr“, sagt Jesus einmal, „als dass einer in den Himmel kommt, der seinem Reichtum mehr vertraut als den Möglichkeiten Gottes.“ „Wer kann dann in den Himmel kommen?“ fragen die Jünger. Sie ahnen, dass der Himmel leer und Gott unter sich bliebe, wenn wir dieses Kriterium ernstlich zum Maßstab machen wollten. Tröstlich, was Jesus dann antwortet: „Was unmöglich ist bei den Menschen, ist noch lange nicht unmöglich bei Gott!“
Und darum wird mit jedem Ton dieser Orgel Gottes Einspruch hörbar gegen eine Kirche, die nicht anders sein will, als die Welt um sie herum. Und es kommt zugleich in vielfachen Tönen Gottes Zuspruch zum Klingen, der uns den Horizont weit macht und uns leben lässt, wo wir ansonsten längst am Ende wären.
Was unmöglich ist bei den Menschen, ist noch lange nicht unmöglich bei Gott! Und bei denen, die Gott mehr vertrauen als allem anderen in der Welt. Damit wir dem kleinen Wunder, das diese Orgel möglich gemacht hat, noch viele große Wunder folgen sehen. Ehe auch diese Orgel verstummt, weil Gottes Wohlklang selber diese Erde erfüllt. Ganz und für immer. Amen.