Ansprache anlässlich der Einweihung des Erweiterungsbaus des Kirchlichen Rechenzentrums in Eggenstein-Leopoldshafen

22.02.2019
Liebe Festgemeinde!
Am Ende geht’s in der Kirche immer um Gott. Nicht nur in Gottesdienst und Seelsorge. Nichts nur in der Arbeit von Kirche und Diakonie. Trotz aller Strukturdebatten. Trotz aller Pläne, die Zukunft finanziell abzusichern. Mitten in allen Bauaktivitäten. Am Ende ist das Thema der Kirche immer das Gottesthema. In allen Spielarten. In allen Brechungen. In allem erfolgreichen Planen und Handeln.

In der Lesung eben war das unüberhörbar. „Mit wem wollt ihr mich vergleichen?“ Es ist Gott selber, der mit diesen Worten fragt. Gott ist der ganz andere. Der Jenseitige. Gott ist der, der sich nicht in Worte fassen lässt. Und auch nicht in Zahlen.

Zahlen spielen in diesem Haus – und im kirchlichen Rechenzentrum überhaupt - eine große Rolle. Zahlen werden eingespeist. Zahlen werden gespeichert. Zahlen werden verarbeitet.

Dieses kirchliche Rechenzentrum, diese Einrichtung, hat die Verantwortung über ein beinahe unübersehbares Reich der Zahlen. Zahlen der Kirche. Zahlen ihres diakonischen und caritativen Handelns. Eingänge und Ausgänge. Einkommen und Auskommen. Daten über Menschen. Und Daten über ihr Handeln – all das ist in ihre Verantwortung gelegt. Für alle zwölft Stifter. Für sechs Kirchen. Und für ihre Diakonie und Caritas.

Ich frage: Was hat das mit dem Gottesthema zu tun? Sehr viel, denke ich. So stellen sich viele Menschen den Himmel vor. So - meinen sie – so arbeitet Gott.

Der Himmel als ein überdimensioniertes Rechenzentrum. Der Himmel als ein Ort, an dem alles, und wirklich alles, über mich gespeichert wird. Der Himmel als das gigantische Rechenzentrum der ganzen Welt.

Und die fürchterliche Vorstellung geht weiter. Am Ende, wenn jedes Menschenleben gewogen wird, dann werden alle Informationen über mich abgerufen. Dann wird das ganze Datenmaterial über mich zusammengeführt. Am Ende kommt ans Licht, wer ich war. Wer jeder und jede von uns war. Am Ende wird klar, ob wir uns gerechnet haben.

Am Ende ist Gott der große Auswerter der Daten meines Lebens. Und keine Information über mich geht verloren. Was für eine unglaublich schreckliche Vorstellung!

Was wäre das für ein Gott, denke ich? Einer, der nichts vergisst. Angst einflößend. Bedrohlich. Und das mindeste, was wir bräuchten, das wäre ein himmlischer Beauftragter für den Schutz meiner Daten. Für den Schutz vor dem Einblick Gottes in all mein Tun. Und vor allem in all mein Versagen und Misslingen.

Auf Erden haben neue Räume wie die, die wir heute einweihen, durchaus etwas Himmlisches. Sie entlasten vor Enge und Beeinträchtigung durch Raumnot. Und sie optimieren, was sie hier tun. Das lässt uns heute feiern.

Im Himmel wäre das eine Katastrophe. Und ich bin froh, dass das eben nicht so ist. Nein, nichts ist vergeblich, von dem, was ich tue. Aber nichts legt mich fest für immer. Nichts muss mich bedrohen, weil Gott eine himmlische Datei über mich pflegt.

Das Rechenzentrum Gottes kommt ohne Zahlen aus. Es wird gespeichert von der Energie der Liebe. Und es wird geführt unter den Vorzeichen der Barmherzigkeit, der Menschenfreundlichkeit Gottes. Deshalb kann Jesus zu denen, die ihm nachfolgen, auch sagen: „Freut euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind!“ Und allemal mit dem Vermerk versehen: „Du bist mir recht!“

Ein Rechenzentrum ist eine irdische Einrichtung. Und es ist gut, dass dies so ist. Auf Erden hilft sie, dem Himmel den Weg zu bereiten. Mit dem Einsatz aller, die hier arbeiten. Mit Fleiß und Akribie. Mit Zuverlässigkeit und Können.

Gut aber auch, dass Himmel und Erde so deutlich unterschieden sind. Und es auch keine Datenleitung von unten nach oben gibt. Was hier auf Erden unverzichtbar ist, kann auch hier auf Erden bleiben.

Und was an Zahlen und Daten hier zusammenläuft, was hilft, dass nicht nur ich mein Gehalt bekomme du alle Unterstüptzung, die ich brauche – das lässt mich leben. Und viele andere auch. Aber eben: hier - auf der Erde. Darum ist es gut, dass es dieses Kirchliche Rechenzentrum gibt.

Gut ist aber auch, dass es wie alles andere überwölbt wird von Gottes Himmel der Barmherzigkeit. Gott rechnet nicht. Gott muss nicht mehr als bis drei zählen können. Vater, Sohn und Heiliger Geist. So einfach ist es bei Gott.

Noch sind wir nicht so weit. Noch sind wir angewiesen auf Einrichtungen wie dieses Kirchliche Rechenzentrum. Darum feiern wir heute. Darum bitten wir Gott um seinen Geist. Weil am Ende alles doch ganz einfach ist. Wenn Gott alle Datensätze über mich löscht. Und ich sein darf, was ich sein soll: Ein Mensch, der lebt aus Gottes Liebe und aus Gottes Menschenfreundlichkeit. So einfach ist es. Am Ende. Wenn es nur noch um Gott geht. Aber bis dahin dürfen wir hier auf Erden leben und feiern. Gut und gerne. Gottseidank. Amen.
Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.