Ansprache im Gottesdienst mit zwei Ordinationen in der Peterskirche in Weinheim

28.02.2021

Heute ist nun also der Festtag Ihrer Ordination. Zugleich ist es auch ein Tag der Freude, dass ein solcher Gottesdienst in einer Kirche und mit nicht wenigen Menschen überhaupt wieder möglich ist.

„Im Moment ist alles anders!“ Diesen Satz höre ich schon seit einiger Zeit immer wieder. Aber in diesem Anders-Sein gibt es doch auch Vieles, was bleibt. Da gibt es auch die Kontinuität der Feier unserer Gottesdienste. Derzeit oft digital. Heute aber ganz analog. Gottes Segen, der Ihnen beiden heute zugesprochen wird. Und Gottes Segen - der ist durchaus corona-restistent.

„Ich würde gerne eine Stola tragen.“ Dieser Satz stand gestern in der Mail aus dem Kreis einer der hier mitwirkenden Personen. „Rot oder violett?“ Und spontan habe ich zurückgeschrieben: „Rot ist eigentlich heute dran!“ Denn die Farbe der Stola ist wie die Farbe am Altar oder an der Kanzel vom Kirchenjahr und vom Anlass abhängig.

Rot ist heute dran, weil der Anlass, ihre Ordination, ein Fest ist, bei dem es um den Zuspruch des Segens und des Geistes Gottes geht. Ein kleines Pfingstfest also. Mitten in der Passionszeit. Rot macht also eigentlich den Stich bei der Farbentscheidung.

Aber violett ist ja durchaus auch dran. Wir befinden uns im Kirchenjahr gerade in der Passionszeit. Und lassen uns an den Weg Jesu nach Jerusalem und erinnern. Knapp sieben Wochen mit Zeiten innerer Einkehr und der Möglichkeit des großen oder kleinen Verzichts.

Aber folgen wir der Spur der Farbenlehre Gottes noch etwas weiter. Wäre weiß heute wirklich ganz falsch? Immerhin blicke ich auf viele weiße FFP2-Masken. Jeder Sonntag ist doch auch ein kleines Osterfest. Jeder Sonntag erinnert doch an den ersten Tag der Woche, den Auferstehungstag Jesu. Und Jesu Leben, Sterben und seine Auferstehung sind immer neu und bleibend das zentrale Thema im Beruf einer Pfarrerin oder eines Pfarrers.

Ich lege noch eine weitere Farbe dazu. Das Grün. Die meisten Sonntage im Kirchenjahr tragen grün. Alltag also gewissermaßen. Wie im Kirchenjahr trifft das auch auf ihre Existenz als Pfarrerin zu. Zwischen all den Sonntagen und Feiertagen gibt’s immer wieder auch wieder die grünen Tage. Alltag. Normalität. Tägliches Geschäft. Sonntage ohne irgendeinen besonderen Anlass. Wie gut, dass es solche Tage auch gibt.

Ein Psalmvers soll die Farbenlehre ihrer Existenz als Pfarrerinnen unterfüttern. Gründen. Und Deuten. Wir haben ihn vorhin schon als Eingangsspruch / im Eingangspsalm gehört. Es ist der fünfte Vers des 25. Psalms. Des Psalms, der diesem heutigen Sonntag auch seinen Namen gegeben hat. Reminiszere! Erinnere dich, Gott, an all das Gute, das Du Menschen hast angedeihen lassen. Dieser fünfte Vers lautet:

Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich!
Denn du bist der Gott, der mir hilft; täglich harre ich auf dich.

Keine schlechte Bitte für die Ordination, denke ich. „Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich!“ Wer andere leiten und lehren will, ist zuallererst selber darauf angewiesen. Wer anderen hilft, die Farben Gottes in ihrem Leben zu entdecken und zu deuten, muss vorher ja für sich unbedingt eine eigene Farbenlehre entwickelt haben.

Dass diese Farbenlehre aber nicht irgendeiner Beliebigkeit entspringt, sondern Sinn macht und ihr Recht hat, darauf nimmt der zweite Teil dieses Verses Bezug. „Denn du bist der Gott, der mir hilft. Täglich harre ich auf dich!“ Du bist der Gott, der meinem Leben Farbe gibt. Der mein Leben immer wieder neu ins Licht rückt. Und mir neue Farbkonstellationen und Farbbrechungen ermöglicht.

In ihrer beider Lebensgeschichten hat es viele solcher Farbbrechungen gegeben. Wie ein Regenbogen wölbt sich Gottes Farbpalette über Ihr Leben. Da gibt es die Ortswechsel. Die Universitätswechsel. Nicht nur Heidelberg. Sondern auch Göttingen. Oder Leipzig.

Da gibt es Beziehungswege, die bei der Hochzeit gefeiert worden konnten.   Da gibt es reichlich Geschichten des Engagements in unterschiedlichsten Bereichen. Da gibt es theologische Lebensentscheidungen, die die Weichen neu gestellt haben.

Und heute sind Sie nun hier, um diesen Festgottesdienst der Ordination zu feiern. Mit Menschen, die sie auf Ihrem Weg hierher begleitet haben. Familie. Freundinnen und Freunde.

Und all dies im Vertrauen darauf, dass der Zuspruch Gottes sie trägt. Wenn es eng wird.  Wenn nicht mehr grün, weiß oder rot, sondern scheinbar nur noch tristes grau ihr Leben bestimmt.

Da hilft ihnen dann hoffentlich der Name Ihres Ordinationssonntags weiter. „Reminiszere!“Erinnere dich doch, Gott!“ Erinnere mich an das, was Du mir heute zugesprochen hast. Mein Leben soll bunt erstrahlen. In allen Farben. Erinnere mich, Gott, an diese Bitte:

Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich!
Denn du bist der Gott, der mir hilft; täglich harre ich auf dich.

Gott ruft sich Ihnen in Erinnerung. Damit Sie andere erinnern können. An Gottes Barmherzigkeit und Menschenfreundlichkeit. Das feiern wir heute. Am Tag Ihrer Ordination. In der Buntheit der Farben Gottes. Amen.

Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.