SWR 2 - Wort zum Tab am 4. Mai 2022

04.05.2022

„Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd’s Nachbars an!“ Der Namensgeber dieses sogenannten St. Florians-Prinzips hätte sich gegen diese Art der Problemlösung wahrscheinlich heftig gewehrt. Denn er hat selber Verantwortung für sich und das Leben anderer übernommen.

Florian von Lorch wurde am 4. Mai des Jahres 304 als Märtyrer hingerichtet. Heute ist also sein Todestag. Er hat seinem christlichen Glauben nicht abschwören wollen. Und ist deshalb nach schweren Folterungen in der Enns in Oberösterreich ertränkt worden. Diese eher grässliche Verbindung zum Element Wasser ist wohl die Ursache dafür, dass man ihn in der Tradition zum Schutzpatron der Feuerwehrleute gemacht hat – eine zynische Verbindung, aber leider schon über Jahrhunderte so wirksam.

Florian hat es über die mehr als siebzehnhundert Jahre hindurch durchaus zu einiger Prominenz gebracht. Das mag zum einen daran liegen, dass in früheren Jahrhunderten das Feuer für die Menschen eine der ganz großen Gefährdungen gewesen ist. Deshalb hat Florian wohl zu den am häufigsten angerufenen Schutzheiligen gehört. Warum sich die schlichte Bitte um seine Hilfe im Lauf der Zeit in den Wunsch verwandelt hat, dass doch bitte des Nachbars Haus abbrennen möge statt das eigene, ist nicht bekannt. Was für ein egoistischer Missbrauch der Geschichte eines Menschen, der gerade für andere seinen Kopf hingehalten hat. Denn einer der Gründe, die Florian sein Leben gekostet haben, war sein Einsatz zur Rettung von 40 Männern und Frauen, die wegen ihrer christlichen Überzeugung eingesperrt worden waren. Nach dem Handlungs-Prinzip, das heute seinen Namen trägt, hätte er froh sein müssen, dass es nicht ihn getroffen hat. Und hätte damit sogar sein Leben retten können.

Florian hat aber eher nach dem Jesus-Prinzip gehandelt. Der hat gesagt: „Was ihr einem eurer Schwestern und Brüder an Gutem habt angedeihen lassen, das habt ihr mir zugute getan!“ (Matthäus 25,40) Menschen, die nach diesem Prinzip handeln, Menschen, wie Florian, haben wir derzeit richtig nötig. Und es gibt sie auch bis heute – Gott sei Dank. Menschen, die sich für andere einsetzen. Menschen, die den Mut haben, zwischen alle Fronten zu geraten. Auch im wörtlichen Sinn. Menschen, die ihre Türen offen halten für andere. Für Geflüchtete. Für Nachbarn, die jemanden brauchen, der ihnen einfach einmal zuhört. Dies möchte ich von Florian lernen. Und daher erinnere ich mich heute gerne an ihn.

Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.