Besonnen reagieren - was bleibt sonst! Reaktion am 24. Februar 2022

24.02.2022

Der russische Angriff auf die Ukraine hat mir heute Nacht buchstäblich den Schlaf geraubt. Ich hatte zwar mit einer Politik der Nadelstiche und des Austestens der westlichen Solidarität mit der Ukraine gerechnet, nicht aber mit diesem Ausmaß. Hier werden zugunsten machtpolitischer Phantasien der Tod von unzähligen Menschen und ein eklatanter Bruch des Völkerrechts in Kauf genommen.  Meine Sorgen wachsen auch deshalb, weil niemand wirklich abschätzen kann, welche Absichten Putin weiter hegt und wie weit er zu gehen bereit ist.

Auf der anderen Seite müssen wir dringend vermeiden, dass die Irrationalität des politischen Agierens auf russischer Seite jetzt auch unsere Reaktionen bestimmen. Unsere Reaktionen dürfen sich derzeit vor allem im Bereich wirtschaftlicher Sanktionen und weiterer diplomatischer Bemühungen bewegen. Militärische Optionen bieten keinen nachhaltigen Ausweg aus dieser Krise. Mindestens dies haben wir aus der jüngeren Geschichte hoffentlich gelernt.

Gerade als Kirchen muss uns daran gelegen sein, auf Gewalt nicht mit Gegengewalt zu reagieren, den Schutz der Opfer, auch möglicher weitere Opfer, aber im Blick zu behalten. Gerade in der eigenen Sprachlosigkeit ist die Sprache des Gebets, konkret auch der Friedensgebete in unseren Gemeinden, ein Mittel, zu einem angemessenen Reagieren zu finden, das auch in der Krise das Bekenntnis des ÖRK aus dem Jahre 1948, dass Krieg nach Gottes Willen nicht sein soll, nicht leichtfertig drangibt. Darum hoffe ich gerade heute, dass dem Einsatz für Frieden am Ende der längere Atem bleibt.  

Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.