Einführung von Pfarrer Wolfgang Schmidt
als Leiter der Arbeitsstelle
der Evangelischen Erwachsenenbildung in Freiburg
am Mittwoch, den 4. Dezember 2002
in der Ludwigskirche in Freiburg
04.12.2002
Lieber Wolfgang!
Deine heutige Einführung am 4. Dezember fällt auf den Barbaratag. Mit diesem Tag verbinden viele Menschen den Brauch, einen Kirschzweig ins Wasser zu stellen. Um das Fest der Weihnacht herum soll dieser Kirschzweig dann zum Blühen kommen. Dieses Blühen zu ungewohnter Zeit nimmt in symbolischer Weise biographische Züge aus dem Leben der Barbara auf. Die Kaufmannstochter Barbara war am Beginn des vierten Jahrhunderts in Nikomedien Christin geworden – gegen den Willen ihres Vaters. Dieser – so erzählt man sich weiter – habe seine Tochter daraufhin in einen Turm sperren lassen. Ohne Tageslicht und unter Verlust ihrer Freiheit sollte sie mürbe gemacht werden, um ihrem neugewonnenen Glauben wieder abzuschwören.
Das Bemühen des Vaters blieb erfolglos. Auch in der Finsternis des Verlieses im Turm stand ihre Überzeugung gewissermaßen in Blüte – so wie die Kirchzweige zur Weihnachtszeit. Barbara musste ihre Durchhaltekraft und die bleibende Vitalität ihrer Überzeugung am Ende mit ihrem Leben bezahlen. Als Vorbild im Glauben wird sie uns jedes Jahr am 4. Dezember vor Augen und damit in Erinnerung gehalten.
Die Liste der Gruppen, die Barbara zu ihrer Schutzpatronin gemacht habe, ist lang. Darunter sind die Bergleute ebenso zu finden wie die Glöckner und die Glockengießer sowie die Architekten. Im Grunde alles Menschen, deren Betätigungsfeld sich abseits des Tageslichtes abspielt. Ihr Licht müssen sie auf andere Weise finden.
Ich will die Barbara heute auch zur Patronin der Erwachsenenbildner ausrufen. Nicht deswegen, weil auch diese ihr Gewerbe nicht selten bei abendlichen Veranstaltungen und damit gewissermaßen in der Dunkelheit ausüben, ohne dass sie deshalb auch gleich schon einer finsteren Tätigkeit nachgehen. Die Patronin deines neuen beruflichen Standes, lieber Wolfgang, kann Barbara deshalb werden, weil Bildung es gewissermaßen immer auch mit Erleuchtung zu tun hat. Sie versucht, Lebenssituationen zu erhellen. Sie versucht orientierende Lichter an den Horizont zu setzen. Sie versucht, Bedrohliches in ein erträgliches Licht zu setzen. Sie versucht, alt Vertrautes in einem neuen Licht erscheinen zu lassen.
Das mag ein großes Programm für deine neue Freiburger Aufgabe sein. Aber all die Projekte, für die du verantwortlich bist, sind gewissermaßen Brechungen der Aufgabe, diese immer komplizierter werdende Welt hilfreich und weiterführend auszuleuchten. Dabei ist die Evangelische Erwachsenenbildung keine Zutat zu den sonstigen Aktivitäten der Kirche, deren Zukunft von der Haushaltslage abhängig ist. Und alle, denen sie am Herzen liegt, sind dringend eingeladen daran mitzuwirken, dass dies auch nicht zur Zukunftsoption wird.
Der Einsatz auf den Felder der Bildung gehört zur Kernidentität des Protestantismus. Das Bildungsbürgertum der Städte hat die reformatorische Bewegung im 16. Jahrhundert entscheidend mitgetragen und verbreitet. Ja die Reformation war selber nicht zuletzt auch ein Bildungsprogramm. Jede und jeder sollte die Bibel in der eigenen Landessprache lesen können. Die Kenntnis der alten Sprachen gehörte schon bald zum Pflichtkanon der theologischen Ausbildung. Wo die Reformation sich ausbreitete, gehörte die Einrichtung von Schulen zu ihren Folgeerscheinungen. Der Bildungsanteil am Reformationsgeschehen wird bis heute nicht zuletzt mit dem Namen Philipp Melanchthon in Verbindung gebracht.
Darum haben wir heute auf keinen Fall zu viel – aber womöglich deutlich zu wenig Profil auf diesem Feld. Schließlich ist der Bildungsbereich auch heute eines der drei tragen Säulen evangelischen Kircheseins – neben den Feldern Gottesdienst und Spiritualität und dem Einsatz für mehr Gerechtigkeit.
Lieber Wolfgang, ich bin sehr froh, dass du diese wichtige Aufgabe in Freiburg und im Kirchenbezirk Freiburg übernommen hast. Und ich sage dies auch nicht aus der Höflichkeit des Neubeginns. Schließlich kennen wir uns schon viele Jahren und hatten beide denselben Lehrpfarrer. Dir und Anette, deiner Frau und euren Kindern wünsche ich von Herzen ein gutes Einwurzeln und ein schnelles Heimischwerden in Freiburg und seiner schönen Umgebung.
Bei der Suche nach einem passenden biblisches Motto für deine Freiburger Tätigkeit habe ich noch einmal das Programm der Barbara aufgenommen. Ihr bleibendes Bemühen, auch in noch so großer Dunkelheit das Licht zu verlieren. Was liegt also näher, als dir in diesen Tagen des Advent den Lichtvers des Dritten Jesaja zuzusprechen: „Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir.“
Möge Gott deine Zweige blühen lassen. Im Advent, an Weihnachten, an jedem Tag und in jedem Projekt, das du dir vorgenommen hast. Amen.
Deine heutige Einführung am 4. Dezember fällt auf den Barbaratag. Mit diesem Tag verbinden viele Menschen den Brauch, einen Kirschzweig ins Wasser zu stellen. Um das Fest der Weihnacht herum soll dieser Kirschzweig dann zum Blühen kommen. Dieses Blühen zu ungewohnter Zeit nimmt in symbolischer Weise biographische Züge aus dem Leben der Barbara auf. Die Kaufmannstochter Barbara war am Beginn des vierten Jahrhunderts in Nikomedien Christin geworden – gegen den Willen ihres Vaters. Dieser – so erzählt man sich weiter – habe seine Tochter daraufhin in einen Turm sperren lassen. Ohne Tageslicht und unter Verlust ihrer Freiheit sollte sie mürbe gemacht werden, um ihrem neugewonnenen Glauben wieder abzuschwören.
Das Bemühen des Vaters blieb erfolglos. Auch in der Finsternis des Verlieses im Turm stand ihre Überzeugung gewissermaßen in Blüte – so wie die Kirchzweige zur Weihnachtszeit. Barbara musste ihre Durchhaltekraft und die bleibende Vitalität ihrer Überzeugung am Ende mit ihrem Leben bezahlen. Als Vorbild im Glauben wird sie uns jedes Jahr am 4. Dezember vor Augen und damit in Erinnerung gehalten.
Die Liste der Gruppen, die Barbara zu ihrer Schutzpatronin gemacht habe, ist lang. Darunter sind die Bergleute ebenso zu finden wie die Glöckner und die Glockengießer sowie die Architekten. Im Grunde alles Menschen, deren Betätigungsfeld sich abseits des Tageslichtes abspielt. Ihr Licht müssen sie auf andere Weise finden.
Ich will die Barbara heute auch zur Patronin der Erwachsenenbildner ausrufen. Nicht deswegen, weil auch diese ihr Gewerbe nicht selten bei abendlichen Veranstaltungen und damit gewissermaßen in der Dunkelheit ausüben, ohne dass sie deshalb auch gleich schon einer finsteren Tätigkeit nachgehen. Die Patronin deines neuen beruflichen Standes, lieber Wolfgang, kann Barbara deshalb werden, weil Bildung es gewissermaßen immer auch mit Erleuchtung zu tun hat. Sie versucht, Lebenssituationen zu erhellen. Sie versucht orientierende Lichter an den Horizont zu setzen. Sie versucht, Bedrohliches in ein erträgliches Licht zu setzen. Sie versucht, alt Vertrautes in einem neuen Licht erscheinen zu lassen.
Das mag ein großes Programm für deine neue Freiburger Aufgabe sein. Aber all die Projekte, für die du verantwortlich bist, sind gewissermaßen Brechungen der Aufgabe, diese immer komplizierter werdende Welt hilfreich und weiterführend auszuleuchten. Dabei ist die Evangelische Erwachsenenbildung keine Zutat zu den sonstigen Aktivitäten der Kirche, deren Zukunft von der Haushaltslage abhängig ist. Und alle, denen sie am Herzen liegt, sind dringend eingeladen daran mitzuwirken, dass dies auch nicht zur Zukunftsoption wird.
Der Einsatz auf den Felder der Bildung gehört zur Kernidentität des Protestantismus. Das Bildungsbürgertum der Städte hat die reformatorische Bewegung im 16. Jahrhundert entscheidend mitgetragen und verbreitet. Ja die Reformation war selber nicht zuletzt auch ein Bildungsprogramm. Jede und jeder sollte die Bibel in der eigenen Landessprache lesen können. Die Kenntnis der alten Sprachen gehörte schon bald zum Pflichtkanon der theologischen Ausbildung. Wo die Reformation sich ausbreitete, gehörte die Einrichtung von Schulen zu ihren Folgeerscheinungen. Der Bildungsanteil am Reformationsgeschehen wird bis heute nicht zuletzt mit dem Namen Philipp Melanchthon in Verbindung gebracht.
Darum haben wir heute auf keinen Fall zu viel – aber womöglich deutlich zu wenig Profil auf diesem Feld. Schließlich ist der Bildungsbereich auch heute eines der drei tragen Säulen evangelischen Kircheseins – neben den Feldern Gottesdienst und Spiritualität und dem Einsatz für mehr Gerechtigkeit.
Lieber Wolfgang, ich bin sehr froh, dass du diese wichtige Aufgabe in Freiburg und im Kirchenbezirk Freiburg übernommen hast. Und ich sage dies auch nicht aus der Höflichkeit des Neubeginns. Schließlich kennen wir uns schon viele Jahren und hatten beide denselben Lehrpfarrer. Dir und Anette, deiner Frau und euren Kindern wünsche ich von Herzen ein gutes Einwurzeln und ein schnelles Heimischwerden in Freiburg und seiner schönen Umgebung.
Bei der Suche nach einem passenden biblisches Motto für deine Freiburger Tätigkeit habe ich noch einmal das Programm der Barbara aufgenommen. Ihr bleibendes Bemühen, auch in noch so großer Dunkelheit das Licht zu verlieren. Was liegt also näher, als dir in diesen Tagen des Advent den Lichtvers des Dritten Jesaja zuzusprechen: „Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir.“
Möge Gott deine Zweige blühen lassen. Im Advent, an Weihnachten, an jedem Tag und in jedem Projekt, das du dir vorgenommen hast. Amen.